Weihnachten in russischer Gefangenschaft.

Russische Zustände und Gebräuche. 

 

Die russischen Soldaten wurden damals im Frühjahr 1917 schon kriegsüberdrüssig. Sie hatten auch einen Zorn auf die Enthobenen und Hinterlandstachinierer. Sie suchten unter der Bevölkerung Patrouillen weise umeinander um solche zu ertappen. So erwischten sie auch bald uns unsere zwei Strassnigg. Eine Streifwache von drei Mann führte sie von uns weg in den Arrest, und nach ein paar Tagen mussten Sie schon ins Feld. Wir waren ihnen das sehr vergönnt, da sie uns den Winter über sehr schlecht behandelt hatten. Seit wir in der Stadt waren waren sie schon sehr gut mit uns und versteckten sich auch öfter aus Angst vor den Patrouillen. Von dann an hatten wir immer einen Feuerwehrmann bei uns als Aufseher, die waren uns viel lieber. Ende Mai war schon eine sehr warme Zeit. Wir gingen des öfteren abends auf die Felder hinaus und sahen den Bauern zu beim Hafer und Flachsbauen, wie auch beim Erdäpfel legen.Auch baden konnten wir schon öfters gehen. Wir hatten dort lange bleiben können, wenn sich die dortigen Juden nicht immer wegen der Montur beschwert hätten, und auch noch wegen anderen Sachen. Das wurde der Ugrawa lästig. Sie hatten uns ja schon neue Lederstiefel und Wäsche gegeben und später hätten wir auch eine Montur bekommen. Wegen ein paar Juden wurden wir aber von der der Gerodska Ubrava der Zemska Ubrava überlassen. Jetzt war die schöne Zeit mal für uns aus. Auf der Zemska Ubrava warteten schon die Bauern die um Gefangene warben.Die hätten sich beinahe gerauft um uns, weil dreimal so viele Bauern da waren als Gefangene. Jeder hätte sich natürlich gern einen mitgenommen. Ich bin halt aufs gerate wohl mit einem gegangen. Wir sind mit einem Wagen auf das Torf Giselova neun Werst weit von der Stadt gefahren. Im Dorf angekommen gab er mich in ein Haus, wo nur die Bäuerin, eine ältere Frau, und drei Kinder da waren.

Dort angekommen bekam ich zu essen, dann ging ich zum nahen Fluss baden, Wäsche waschen und reinigte meine Kleider von den Läusen, denn wo mehr beisammen waren konnte man sich von den Läusen nicht retten. Ich war denn auch die ganzen sieben Wochen die ich im Dorf war rein von diesem Ungeziefer. Die alte Frau wusch mir dann wöchentlich meine Wäsche. Den andern Tag ging die Arbeit schon Los. Das erste war einen Krautacker zu düngen, herrichten und anpflanzen.Dann musste ich einige Tage das Kraut mittags und abends mit Wasser begießen, da es sehr heiß und trocken war. Die übrige Zeit musste ich die Hütte am Dörrhäusl herrichten und verschiedene Werkzeuge. Ein Nachbar, ein älterer Mann sah bei der Arbeit zu und wenn er bemerkte, dass ich verschiedene Werkzeuge brauchen könnte, brachte er sie mir, da in unserem Hause diese fehlten. Ich verstand damals die russische Sprache noch nicht.

So fragte ich den dann und andere mach? welche um mich herum waren mit den paar Worten: "gag po russki?" (Wie auf russisch?) und zeigte auf melden? Gegenstand. Wenn der Name genannt wurde, nahm ich mein Notizbuch und schrieb es auf russisch und deutsch ein. Die zweite Woche wurde Dünger wzohm n?) ausgefahren. Ich musste aufladen und die Bäuerin fuhr mit dem Pferd. Das Aufladen war schlecht, da unser Mist? ein Jahr im Stall liegt. Das Vieh geht frei um darauf und das Kornstroh wird ungekürzt gestreut. Nach dem Düngerausfahren in die Brachfelder musste ich den Dünger einpflügen. Anfangs ging es schlecht. Dort sind die Pflüge ohne Greterer und ohne Rad. Das Drittel wird nur am Grändel? angehängt und mit einem Pferd gepflügt. Der Pflug ist aber zu richten, dass er tiefer oder seichter geht. Das Pferd geht beim Pflügen neben der Kurve Ich musste das Pflügen aufs neue wieder lernen, aber bald ging es ganz gut. In der Frühe musste ich um zwei Uhr einspannen. Die Bäuerin holte mir das Pferd dazu von der Weide. Um 7 Uhr morgens brachte mir die Frau das Frühstück (Brot, Krautsuppe und Tee). Bis gegen 11 Uhr, wenn die Hitze zu groß wurde, brachte ich das Pferd in den Stall. Es bekam Gras und Heu. Zum tränken werden die Pferde zum Fluss getrieben.Nach dem Mittagessen konnte ich mich ein paar Stunden schlafen legen. Nachmittags zwischen 3-4 Uhr wurde wieder Tee getrunken. Dann musste ich wieder pflügen bis 10 Uhr. Nachher wurde das Pferd im Freien gelassen.

Alle Pferde im Dorf wurden bei Nacht zusammen gehortet. Täglich war ein von einem anderen Haus der liirte. Ich kam auch zweimal an die Reihe wo ich während der Nacht die Pferde hütete. Das Rindvieh und die Schafe sind über Nacht im Stall. Für diese ist ein eigenerer Hirte. Vor drei Uhr früh macht der Hirte mit der Peitsche einige Schnalzer, dann wird das Vieh überall ausgelassen und der Hirte treibt es auf die Weide. Die Milchkühe werden Mittags nach Hause geholt zum melken, dann kommen sie wieder hinaus zum anderen Vieh, und um acht Uhr abends wieder in den Stall. Das Pflügen dauerte acht Tage. Meistens kam ich erst um elf Uhr zum Schlafen. Natürlich in kein Bett sondern als Unterlage einen alten Pelz und eine Decke zum zudecken, zudem noch mit hungrigen Magen. Um zwei Uhr hieß es dann wieder aufstehen und bis morgens um 7 Uhr mit hungrigen Magen pflügen. Ich war froh als die acht Tage vorbei waren. Anfangs Juli begann die Heuernte. Um zwei Uhr morgens ging es hinaus zu liahen. Das Dorf hatte viele Wiesen die der Allgemeinheit ?

Die Wiese wurde mit den Sensen in 20 Teile ausgemessen, so viele waren daran beteiligt und dann sehr schnell von 50 bis 60 Personen gemäht, jeder auf seinem Strich. In zehn bis fünfzehn Minuten wurde eine solche Wiese gemäht. Dann wurde die nächste Wiese ausgemessen und gemäht. Das Ausmessen brauchte oft mehr Zeit als das Mähen. So dauerte das vier Tage. Bis sieben Uhr früh wurden immer einige Flecke niede Sooln gemäht. Jeder Besitzer machte auf seinem Flecken ein eigenes Zeichen mit der Sense in den Erdboden, damit sie wussten wem der Strich gehört. Nach dem Frühstück führten wir das abgewelkte Gras schon nach Haus. Neben dem Heustadtl im Garten wurde es aufgestreut und teilweise schon am Abend als lieu eingebracht. Beim Mähen musste ich oft lachen. Die Leute stritten sich täglich, schimpften und spuckten aufeinander. Ums Umdrehen aber waren sie wieder gut. Nachmittags bei der Heuarbeit hatten wir schönere Zeiten. Da saßen wir halbe Zeit im Schatten. Da suchten sich die Frauen und Mädchen gegenseitig die Lause vom Kopf. Zur Mittagszeit ging alles in den nahen Fluss baden. Ich ging immer allein, aber die Leute gehen mitsammen ältere und jüngere Leute beiderlei Geschlechts und immer ganz nackt. Mit dem Schamgefühl ist es dort nicht weit her. Dann kam auch mein Bauer in Urlaub und wurde enthoben.

Er war freundlich gegen mich und hätte mir auch Kleider gegeben, aber seiner Frau war es nicht recht. Zu Haus waren wir bald fertig mit dem Heu und er hätte mich schon entbehren können. Aber da er mich gut mewe'd brauchen konnte, pachtete er zwei Stunden weg Wiesen zum abheuen, weil er sich großen Nutzen versprach. Als wir eines Tages auf dieser Wiese bei der Arbeit waren, fuhr abends der Bauer mit einer Fuhr Heu nach Hause und ich sollte mit den anderen dort übernachten. Bei der Abendmahlzeit gaben sie mir nichts zu essen. Ich konnte mit hungrigem Magen zuschauen und sollte nachher noch einige Stunden arbeiten. Das wurde mir doch zu dumm und ich erklärte, wenn ich nichts zu essen bekomme würde ich auch nichts mehr arbeiten, und ging fort. Die Bäuerin rannte mir dann nach mit Brot und Bier. Ich nahm nichts mehr und ließ mich von dieser Bestie nicht aufhalten.

Der Bauer zu Haus gab mir dann zu Essen. Andern tags früh fuhren der Bauer und ich wieder auf die Wise. Die beiden Frauen fingen dann schon zum Kornschneiden an. (Mit der Sichel). Ich und der Bauer blieben allein bei der Heuarbeit. Das war für mich besser. Ein paarmal gingen wir zusammen in ein Teehaus. Dort aßen wir auch Wurstzeug. Abends um neun Uhr wenn wir von der Wiese kamen musste ich noch das geschnittenen Korn aufsetzen. Ich musste fleißig sein bis 11 Uhr nacht um fertig zu werden.

Während der Heuernte hatten wir zwei Tage Regenwetter, da konnte ich den ganzen Tag im Heustadtl liegen.

Nur wenn sie mich zum Essen riefen stand ich auf. Nachher schlief ich.

 

Sechs Wochen war ich dort. Eines Tages nahm mich der Bauer an einem Sonntag in die Stadt mit. Wir fuhren mit dem Pferd. Dort zahlte er mir Wurst und Tee.