Der Winter ab Neujahr 1917.
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Unsere Holzarbeit ging im gleichen Tempo weiter.
Die Kalte wurde immer ärger. Der Wärmemesser sank Ende Jänner und im Feber bis auf 38 Grad unter Null. Bei 36 Grad Reomur Kälte mussten wir noch im Walde arbeiten. Bei 38 Grad Kälte ging es nicht mehr sonst hätten wir uns die Glieder erfroren. Zwei Mann mussten mit erfrorenen Zehen und Fersen zur ärztlichen Behandlung ins Krankenhaus. Auf unseren Gesichtern stand der Reim auf unserer Haut. Wir mussten das Gesicht mit Schnee gut einreiben bevor wir in die warme Stube eintraten.Die Haut wurde ganz braun und rau im Gesicht.Bei der größten Kälte waren wir vier Tage zu Haus. Ich hatte noch einen guten Mantel, den vertauschte ich mit einem schlechten und bekam dafür 6 Rubel drauf . Ich konnte mir dafür täglich um 10 Kopeken Milch kaufen welche mich erhielt.
Ende Feber bekamen ich und noch zwei Mann von uns aus der Heimat eine Geldsendung.Nun wusste ich, dass meiner Frau mein Aufenthalt bekannt war. Das war mir noch lieber als das Geld. Dass wir das Geld erhielten hatten wir einem Juden namens Türkfeld zu verdanken. Er konnte russisch in Wort und Schrift und hatte als wir hierher kamen an das frühere Lager und Kommando Sarev alle unsere Anschriften geschrieben und selbes ersucht, etwa für einlangende Postsendungen uns nachzusenden. Wir erhielten nur Wertsendungen nicht aber gewöhnliche Briefe oder Karten. Diese blieben liegen.
In Vedosino arbeiteten wir bis Ende März. Von dort ging es nach Nowinki, zwei Stunden entfernt, wo die gleiche Arbeit zu verrichten war. Es war ein Urwald. Die Arbeit war hier viel schlechter, auch hatten wir viel mehr Schnee. Wenn ein Stamm umfiel mussten wir den Schnee wegschaufeln um beim Stamm arbeiten zu können. Das vorgeschriebene Maß zusammenzubringen wurde hier nicht mehr verlangt. Es wäre auch unmöglich gewesen. Wir waren bei recht alten braven Leuten untergebracht. Kaum waren wir einige Tage dort wurden unsere alten Leute krank, mussten ins Krankenhaus gebracht werde und starben kurz darauf an Nervenfieber. Sofort wurden wir untersucht und ausgefragt, es war aber keiner verdächtig. Eine Nichte der verstorbenen Leute nahm sich dann des Hauswesens an. Die beiden Kameraden mit der erfrorenen Füßen waren nun auch wieder zu uns zurückgekehrt und arbeiteten wieder mit uns. Mein bester Kamerad, welcher immer mit mir arbeitete, Franz Grübl, ein älterer Mann, war so erschöpft dass er uns eines Tages auf dem Wege zum Walde zusammenbrach und ihn die Kräfte verließen. Es wurde sofort um ein Fuhrwerk geschickt, dass ihn in seine Wohnung brachte. Ich kaufte ihm täglich Milch, da er selbst kein Geld hatte. Arbeiten brauchte er auch nicht mehr, so dass er sich mit der Zeit wieder erholen konnte. Er hatte schon längst ins Spital gehen können, ab er wollte von seinen Kameraden nicht weg. Bis Ende April trat Tauwetter ein. Wir konnten in dem vielen weichen Schnee nicht mehr arbeiten. Wir kamen in die Stadt Kaschin und wurden im Feuerwehrgebäude einquartiert. Hier blieben wir über sechs Wochen. Es waren meine schönsten Zeiten in russischer Gefangenschaft.
Der Feuerwehrkommandant hatte uns zu verpflegen, natürlich nach russische Art, aber sie war gut. Der kränkliche Mann Franz Grübl war Koch und wir andern 15 gingen auf Arbeit. Die ersten 14 Tage mussten wir in der Stadt Mist zusammenschaufeln. Vormittag mussten wir drei bis vier Stunden arbeiten, ebenfalls Nachmittags. Mittags hatten wir 2 Stunden Ruhe. Später mussten wir Holz ausladen aus den Eisenbahnwaggons und anderen Arbeiten verrichten, wurden aber dafür bezahlt. Wir hatten in Geschäftshäuser Säcke zu tragen, für die Schulen Wasser zu holen und anderes mehr. Einmal musste ich mit einem Kameraden einen Ertrunkenen über den Fluß führen. Für diese Zillenfuhrt bekam jeder einen Rubel.
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