In der Gefangenschaft.

 

In der Gefangenschaft.

 

Es war am 29. Juli 1916. Ich war als Infanterist des Regimentes Nr. 49 in der Stellung bei Selko am Stochod.

Gegen Mittag herrschte unheimliche Ruhe, während in der Früh und tags vorher der Feind sein Trommelfeuer noch auf unsere Stellung niederließ. Drei Kilometer rechts von uns war ungarische Honved (Anm. Die königlich ungarische Landwehr) . Um 12 Uhr mittags musste ich mit noch sieben Mann hinaus zum Stochod die Feldwache ablösen. Unser Platz war ganz beim Fluß ungefähr 500 Schritte von der Stellung. Wir sahen nichts als Erlenstauden und Gestrüpp beiderseits des Flusses. Die unheimliche Stille dauerte weiter, die uns etwas komisch vorkam. Auch in der Stellung war Besorgnis über diese Stille. Von der Stellung aus schickte man ein paarmal eine Ordonanz zu uns heraus ob wir nichts sehen oder ob nichts los sei. Bei uns rührte sich nichts. Nach zwei Uhr nachmittags wurde es auf einmal laut in der Stellung. Heftiges Gewehrfeuer, dann vielstimmiges „Hurra“ oder „Hoil la la - Hul la la“ und auch Maschinengewehrfeuer setzte ein. Einer wurde zur Stellung zurückgeschickt, kam aber sofort wieder zurück mit der Nachricht: "Wir sind gefangen!“ Die Russen sind in unserer Stellung. Was war zu machen. Vor uns der Fluß und Feindesgebiet, hinter uns auch der Feind. Da beauftragt mich der Feldwachtkommandant zur Stellung zurück zu gehen um zu schauen was los ist. Vielleicht ließe sich ein Ausweg finden. Ich schlich mich zurück, musste über ein freies Feld und sah bereits die Russen, ohne dass sie mich bemerkten. Nun nahm ich Deckung unter einem großen Baum knapp an der Stellung. Von hier aus konnte ich genau beobachten was in der Stellung vorging. Die Schießerei war schon weiter zurück in einem Wald, nur zu hochgehende Kugeln sausten über meinem Kopfe hinweg. In der Stellung gab es viele Russen die in den zurückgelassenen Rüstungen herumsuchten und sich um nichts Anderes kümmerten, während andere einige von unseren Leuten in einen Laufgraben zurücktrieben. So lag ich eine Viertelstunde hinter dem Baum gekauert das Gewehr schussbereit im Arm. Aber ich konnte nicht hierbleiben, ich musste wieder zurück zur Feldwache. Ich sprang auf, das Gewehr in der Balanz und rannte im vollsten Laufschritt über das freie Feld. Die Kugeln pfiffen nur so um meinen Kopf. Kaum hatte ich die Büsche erreicht sauste eine schwere Granate einige Schritte vor mir in den sumpfigen Boden, ein gewaltiges Loch aufreißend. Weitergehend zu meinen Kameraden kam ich bis auf 15 Schritte als die zweite Granate einschlug einen großen Krater schlagend. Hier wurde es zu gefährlich.

 

Glücklicherweise war keiner von uns verwundet, nur ganz bespritzt mit Kot und Morast. Es war unsere eigene Artillerie unsere Stellungen beschießend um den nachrückenden Feind aufzuhalten. Mit ein paar Worten erklärte ich meinen Kameraden die Lage und dass kein Ausweg sei. Nur schnell zurück in die Stellung dem Feind entgegen. Kaum hatten wir unseren Platz verlassen auf ungefähr 40 Schritte als eine Granate auf dem Reisighaufen einschlug auf dem wir vorher Platz genommen hatten. Wir gingen zurück über das freie Feld. Die Gewehre schleiften wir hinter uns her. So kamen wir ganz an die Stellung heran ohne recht bemerkt zu werden. Erst da machten wir unsere Gewehre unbrauchbar. Der Verschluss herausgerissen und im Sand verscharrt, Gewehr und Überschwung weggeworfen so stiegen wir in unsere Stellung ein. Die Russen waren immer noch im Umstieren bei den zurückgelassenen Rucksäcken beschäftigt. Als sie uns sahen griffen sie sofort zu ihren Gewehren, ließen uns aber ruhig vorbeigehen als sie sahen, dass wir keine Waffen mehr besaßen, und die Hände hochhoben. Immer wieder mussten wir die Hände heben, wenn wir vor den Gegner kamen, aber kaum einer kümmerte sich um uns, da sie viel zu beschäftigt waren große Beute zu erlangen. Wohl nicht ohne Gefahr kamen wir von der Stellung durch den Laufgraben zurück, da unsere Artillerie diesen Graben geradezu mit Schrapnells und Granaten überschüttete. Wir hatten nur unsere Brotsäcke mit, denn Rucksäcke und Mäntel lagen in der Stellung. Doch hatten wir Glück und konnten von anderen liegen gelassenen Mäntel erwischen, ich noch dazu einen neuen. Meiner war ohnehin schon ganz zerrissen, da ich da doch bereits die zweiten neun Monate im Felde war. Aus dem Laufgräben heraus stand rechts von uns ein kleiner Wald dann ein freies Feld und weiter rückwärts ein größerer Wald. An diesem Waldrande war etwa ein Kompanie Russen. Einer von uns machte den Vorschlag, in den kleinen Wald zu flüchten und von dort aus weiter rechts zu unseren Stellungen zurückzukehren die ungefähr einen Kilometer entfernt war, da wir vermuteten, dass unsere Kameraden diesen Abschnitt noch halten würden. Dies war auch so, wie wir später von anderen Kameraden erfuhren. Leider zu spät. Die Russen hatten uns bereits bemerkt und gegen hundert Gewehrläufe lagen im Anschlag gegen uns, so dass, wir von unserem Vorhaben absehen mussten. Mit erhobenen Händen gingen wir unserem Feinde entgegen um dem sicheren Tode zu entgehen. Auf sie zugehend nahmen sie Gewehr bei Fuß und erwarteten uns mit lachender Mine, reichten uns dann die Hand mit dem russischen Gruß " Drastiti Pan" An ein Entkommen war natürlich nicht mehr zu denken. Von hier weg erhielten wir bereits eine vier Mann starke Eskorte, die uns zurück transportierte. Nun ging's zurück nach links wo die ungarische Honved gelegen hatte. Die Stellung war in einem Wald, wo die russische Artillerie ihr Trommelfeuer losließ.

 

Ein entsetzlicher Anblick. Kein Baum stand mehr, lauter Stummeln. Kurze und Lange. Am Boden lag alles kreuz und quer. Stämme und Aste übereinander. Schützengraben und die Drahtverhaue waren dem Erdboden gleichgemacht. Kein Wunder, dass sich hier der Feind seinen Durchgang verschafft und uns von hinten überfallen konnte.

 

 So gingen wir zurück unterwegs noch andere Gefangenen dazukommend, welche unserem Trupp angeschlossen wurden. Darunter einige von der Honved. Da kamen russische Nachzügler, fielen über uns her und plünderten uns aus. Mir riß einer mein Notizbuch aus der Tasche. Es war mein Tagebuch und zugleich lagen 60 Kronen Geld drinnen. Den anderen ging es ähnlich. Meinem Nachbar einen Honved- Oberleutnant nahm man seine goldene Uhr und 300 Kronen. Indessen erschien ein höherer russischer Offizier, worauf die Kerle reißaus nahmen. Am liebsten hätte ich geweint um meine mir lieb gewordenen Sachen. Nun ging es wieder weiter zurück. Das Kriegsgetöse ließ immer mehr nach, wir waren bereits im kugelsicheren Gelände. Nun kamen wir auf einen Sammelplatz, wo die Gefangenen zusammengetrieben wurden, darunter auch verwundete auf Tragbahren.

 

Hier erhielten wir als Transportbegleiter Kosaken. Ich hatte noch meinen goldenen Ehering am Finger stecken. Ein Kosake bemerkte ihn und wollte mir ihn abkaufen. Er langte von seiner Geldtasche einige Rubel heraus und hielt sie mir hin. Als ich mich weigerte drohte er mir mit dem Bajonett und wollte mich niederstechen. Er wurde aber von den anderen daran gehindert. Nach kurzem Aufenthalt ging es wieder weiter. Nun waren wir schon ungefähr 200 Mann Gefangene. Wir marschierten bis in die Nacht hinein. Unter heiterem Himmel machten wir Nachtlager. Erst jetzt hatten wir Zeit über das Geschehene nachzudenken. Keiner konnte schlafen. Alle unsere Gedanken weilten bei unseren Lieben in der Heimat. Gefangen, abgeschnitten von der Heimat von allem was einem lieb und teuer war ohne Nachricht. Bis heute hatte ich täglich Post erhalten, oder doch Nachricht bekommen. Wer weiß wann jetzt. Vielleicht in einem halben Jahr? oder noch länger? Erst gestern erhielt ich von meiner Frau Nachricht wo sie mir mitteilte daß die Reserl (drei Jahre) schwer krank sei und ich machte mir schwere Besorgnisse. Wie im Traum erschien mir alles. Der Abschied von der teueren Familie und der Heimat. Das Bild stand vor meinen Augen als sie mir nachwinkte und ich den schweren Gedanken hatte wer weiß ob wir uns wiedersehen. So brachte ich die Nacht zu träumend von vergangene Zeit und mir ausmalend was mir bevorstand. Ein Trost war, daß es mir nicht allein, sondern auch vielen anderen so ging. Das war meine erste Nacht in der Gefangenschaft.

 

Am Morgen marschierten wir wieder weiter. Immer noch kamen Gefangenen zu uns und unser Transport wurde immer größer. Es ging zurück über Gruschatin, Kolky, Marianofka usw. wo wir im Juni so viel Gefechte und Sturmangriffe mitmachten. Mittags erhielten wir Verpflegung nach russischer Sitte. Für zehn und zehn Mann wurde Brot, Zucker und Tee ausgegeben. Auch wurde die Buchweizen (Kascha) Suppe in großen hölzernen Schüsseln für je zehn Mann ausgegeben. Dann wurde wieder weitermarschiert. Bis abends ging es weiter, obwohl nun manchmal kleine Rastpausen eingeschaltet wurden. Im Tag ging es ungefähr 35 km weiter und nur einmal des Tages erhielten wir Verpflegung. So ging es drei Tage. Wir kamen nun nach Rovno, wo mehrere Transporte zusammentrafen wodurch wir auf über 20.000 Gefangene anstiegen. Auf einem Exerzierplatz in der Nähe einer Kaserne wurde alles vergattert und aufgestellt. Dieser Platz diente zugleich auch als unser Nachtlager. Deutsche Flieger flogen über unser Lager, wurden aber von den russischen Abwehrkanonen vertrieben. Andern Tags gingen zwei Transportzüge nach Kijv ab. Der Großteil musste aber wieder weiter maschieren. So ging es nun wieder zwei Tage bis Nowograd - Wolinsky. Hier wurde wieder ein Zug verladen. Glücklicherweise war ich auch dabei. Ich war froh vom Marschieren und dem freien Nachtlager erlöst zu sein. Im Nachtlager wurde oft gerauft um Mäntel oder Decken, da viele nur Hemd und Hose oder Bluse anhatten. Der Feind hatte ja alles geraubt, auch die Wäsche. Oft wurden sie nackt ausgezogen nur Hemd und Bluse ließ man ihnen. Wir hatten einige regnerische Nächte. Natürlich suchten nun solche sich bei den Schlafenden schadlos zu halten, nahmen ihnen die Decken und Mäntel und flüchteten dann über die schlafenden Reihen. Da wurde nun gerauft und in verschiedenen Sprachen geschrien. Es war wie eine wilde Jagd. Im Wagen war es doch besser. Wir fuhren über Kiev nach Borispol in die Poltawska Guberei in ein Gefangenenlager. Hier war es nicht so schlecht. Das Essen wohl nicht besonders, aber Brot und Sonstiges billig. Brot bekamen wir genug. Wer Geld hatte, bekam auch weißes Brot zu kaufen. In diesem Lager wurde das Arbeitsbataillon zusammengestellt. Nach 12 tägigem Aufenthalt wurden wir wieder einwaggoniert und wir fuhren zurück über Rijenel nach Kremenez hinter der ostgalizischen Front. Da mussten wir auf dem Bahnhof arbeiten. Hier hörten wir wieder das Geschützfeuer von der Front. Acht Tage waren wir hier beschäftigt. Das Geschützfeuer kam immer näher, da die Russen zurückweichen mussten. Auf einmal gegen Abend wurden wir mit Lastkraftwagen von der Arbeit weggeholt und über Nacht in den Hof eines Arrestgebäudes eingesperrt. In der Frühe ging der Rückmarsch an. Zwei Tage marschierten wir nach Dubno, wo wir einwaggoniert wurden. Jetzt war die Behandlung viel schlechter. Das war bei den Russen immer so. Wenn es ihnen an der Front schlecht ging, mussten es wir Gefangenen büßen. Den ganzen Marschtag bekamen wir nichts zu essen. Bei der Einwaggonierung auf dem Bahnhof in Dubno standen zwei Zuge russischer Soldaten, die nach der Front gingen. Die hatten uns viel Brot gegeben, so, dass wir nicht hungern brauchten. Nächsten Tag kamen wir nach Tarniza in ein großes Gefangenenlager bei Kijev. Da war gleich Musterung. Die Gesunden wurden sofort einwaggoniert nach Murmansk und die Kranken und Fehlerhaften kamen in Baracken. Ich kam zu den Fehlerhaften, da ich mir in der Schwarmlinie durch das Platzen einer Mine einen Leistenbruch zugezogen hatte, da ich durch den Luftdruck sehr stark zu Boden geworfen wurde. Drei Tage waren wir in Baracken. Verpflegung war wieder Kaschasuppe und Brot. Doch genügend. Geplagt wurden wir nur von Flöhen, davon gab es unbeschreiblich viele. Kaum dass man sich niederlegte wurde man schon von Tausenden dieser Tiere gepeinigt. Nach drei Tagen fuhr ich mit einem Marodentransportzug weg. Wir waren beinahe 14 Tage im Waggon. Wir fuhren auf verschiedenen Bahnstrecken in der Ukraine, Dongebiet und Großrussland umher. Manchmal wurden einige Wagen von Gefangenen freigemacht, diese kamen in ein Lager, und wurden von anderen wiederbesetzt. Verpflegung bekamen wir nur fast jeden zweiten Tag. Die über Geld verfügten machte das weniger. Oft standen wir stundenlang auf einem Bahnhof. Da gab es genug Lebensmittel zu kaufen. Die anderen mussten Hunger leiden. Viele verkauften ihre Ringe, Uhren und andere Sachen nur um ihren Hunger stillen zu können. In Pensa wurde der ganze Zug geräumt und wir kamen in Baracken. Es war Abend. Beinahe zwei Tage hatte ich nichts gegessen. Einige Kameraden von mir waren noch ärmer daran als ich. Sie hatten nur Hose und Bluse alles Andere wurde ihnen geraubt. Die redeten auf mich ein ich soll meinen Ehering verkaufen, hatten doch beinah alle schon ihren verkauft. Ich entschloss mich nun doch den Ring feilzubieten. Ich bot ihn einem russischen Soldaten, wohl mit schwerem Herzen. Ich verlangte fünf Rubel. Er bot mir gleich vier, dann viereinhalb. Er wäre da schon gut bezahlt gewesen. Aber wie wenn es mir jemand eingegeben hätte weigerte ich mich noch denselben herzugeben. Indessen kam ein anderer Gefangener zu uns der schon länger im Lager war. Der fragte wo wir herkämen, was wir für Landsleute seien usw.

 

Wir erzählten ein paar Worte und Klagten unseren Hunger. „Da kann ich euch helfen, ich kann euch genug bringen“, sagte er. In wenigen Minuten brachte er uns genug Brot, dass wir uns satt essen konnten, und noch für den nächsten Tag etwas übrigblieb. Da waren wir glücklich und ich erst recht, da ich meinen Ehering behalten konnte. In Pensa blieben wir nur zwei Tage, dann ging die Eisenbahnfahrt aufs Neue wieder los.

 

Fünf Tage hatten wir wieder fast nichts zu essen. Eines Abends stand unser Zug auf einem Bahnhof. Der Hunger plagte mich wieder schrecklich. Das weiße Brot in dem Verkaufsladen war so verlockend, so dass Ich doch meinen Ehering einer Verkäuferin wieder anbot. Aber sie wollte mir nur ein einen Rubel dafür geben. Gleich ging ich daher wieder in den Wagen und betete, dass ich doch den Hunger verschlafen könnte. Richtig konnte ich die Nacht über schlafen und vormittags des anderen Tages erhielten wir unser Mittagessen. In Sarazin mussten wir aussteigen und wir kamen auf ein Schiff. Wir fuhren stromabwärts der Wolga bis nach Cernijar. Bevor wir ausgeschifft wurden kam ein dänischer Offizier und eine Gräfin (Elsa von Brandström) zu uns aufs Schiff und erkundigten sich nach unserem Befinden. Natürlich beklagten wir uns über das schlechte Essen, die Verpflegung und rohe Behandlung. Sie tröstete uns aber, dass es hier im Lager gut sei und wir uns erholen könnten. Auch kann jeder an seine Angehörigen schreiben. Das kommt ganz sicher an Ort und Stelle, weil sie selbst die Post über die Grenze bringen. Es war wirklich so, wie sie sagten. Die Verpflegung war wirklich gut. Aber leider mussten wir nach drei Tagen schon wieder weg. Wir fuhren auf dem Schiff ein Stück stromaufwärts und nach dreitägigem Marsch kamen wir nach Sarev. Wir waren ungefähr 300 Mann. Die Verpflegung war annehmbar. Von den Leuten erhielten wir Brot und Melonen. Zwei Nächte verbrachten wir in Markthütten und die dritte Nacht in Häusern einer großen Ortschaft. Ich war allein bei einem Bauern. Es waren sehr gute Leute. Ich bekam zu essen weißes Brot, Fische und Karpfen. Beim Fortgehen gab mir die Frau ein Paar neue Schafwollsocken, einen weißen Laib Brot und einige Melonen.

 

Dies war meine beste Schlafstätte während meiner ganzen Gefangenschaft. Zwei schwere Pelze als Unterlage, einen Federkopfpolster and eine warme Decke. Mir war nur leid, dass ich mit den Leuten kein Wort reden konnte, da ich nicht russisch verstand. Den vierten Tag kamen wir nach zweistündigem Marsch nach Sarev. Das war ein Erholungslager. Hier war ich den ganzen Monat Oktober. Hier war es wirklich gut. Wir bekamen täglich Rindfleisch. Mit der Reinlichkeit ging es auch genau. Zweimal in der Woche war Gelegenheit zum Wäsche waschen. Einmal wöchentlich mussten wir ins Bad gehen, auch fassten wir neue Wäsche. Der Lagerkommandant, ein Oberstleutnant hielt öfter Nachschau. Er besichtigte die Zimmer in Bezug auf Ordnung und Reinlichkeit. Er sah auch in der Küche nach und kostete die Speisen. Wir mussten im Hofe antreten, er ging von Mann zu Mann und besah sich dessen Kleider und Wäsche in Bezug auf Reinlichkeit. Die Leute erholten sich dort schnell. Von hier aus gingen die Arbeitspartien wieder ab. Vorher wurden die Gefangenen aber von Ärzten untersucht. So kam ich mit 20 Mann an die die Reihe und zwar auf Holzarbeit.

 

 Anfangs November marschierten wir unser 20 Mann wieder zwei Tage zur Wolga, als Begleiter zwei russische Soldaten. Wurden wieder eingeschifft nach Sarazin und von da ging es weiter mittels Bahn über Moskau nach Panino. Die Fahrt dauerte drei Tage. Verpflegung war nur Brot und das nicht viel. Wir fuhren in Personenwagen aber immer sehr überfüllt. Da bekamen wir hie und da etwas zum Essen und auch öfter Zigaretten. Von einigen russischen Soldaten, welche schon im Felde waren, auch etwas Fleisch. Das sah ein junger Fähnrich. Der fing mit dem Soldaten zu schimpfen an, warum sie einem deutschen Hund was geben. Das ließen sich die Soldaten nicht gefallen und putzten den Fähnrich ordentlich zusammen. Sie sagten ihm, die Gefangenen haben schon etwas mitgemacht, sonst wären sie nicht da. Er soll auch einmal an die Front gehen und sich das Ganze anschauen, dann wird er auch mehr Herz haben für einen Gefangenen. Sie sagten ihm soviel, dass er auch in die Tasche langte und mir Zigaretten gab. Für mich war das eine ganz schöne Fahrt.